Lexikon der Verhaltenstherapie

Schilddrüsenunterfunktion

Die Schilddrüse ist schmetterlingsförmig und befindet sich unterhalb des Kehlkopfes. Sie produziert Hormone, die z.B. für unser psychisches Wohlbefinden, Gewichtsregulierung, Wachstum, Gedächtnis und vieles mehr zuständig sind. Liegt eine Schilddrüsenunterfunktion (auch Hypothyreose genannt) vor, werden weniger Hormone produziert, als der Körper benötigt. Dies ist nicht heilbar. Patienten können jedoch Tabletten nehmen (meist ein Leben lang), die den Mangel ausgleiche

Schlaf-Wachrhythmus

Die Wechselbeziehung zwischen Wachheit und Schlaf

Der Schlaf-Wachrhythmus ist Teil des menschlichen Tagesrhythmus und beschreibt die Wechselbeziehung zwischen Wachheit und Schlaf. Im Menschen wechseln sich Wach- und Schlafphasen ab. Der Mensch passt seinen Schlafrhythmus an äußere Faktoren an; dabei können Tag und Nacht, Arbeitszeit, Uhrzeit oder Gewohnheit ausschlaggebend für den letztendlichen Rhythmus sein. Fallen diese äußeren Taktgeber weg, ändern sich Schlaf- und Wachzeiten, da Wach- und Weckzeiten im Alltag nicht immer zusammen liegen. Schlaf- und Wachrhythmus bleiben trotzdem auch bei Isolierung des Individuums bestehen. Langfristige Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus zeigen sich durch Symptome wie Erschöpfung und Müdigkeit.

Schlaflosigkeit, die aus einer Störung des Wach-Schlafrhythmus entsteht, führt in Patienten schon nach wenigen Tagen zu Depressionen oder langfristigsten Symptomen wie Psychosen.

Selbsterfahrung

Als Teil einer Ausbildung zur therapeutischen Fachkraft versteht man unter dem Begriff „Selbsterfahrung“ das Erleben von anzuwendenden Arbeitsweisen und Methoden durch den angehenden Therapeuten selbst. Dies geschieht in Form eines Rollentauschs unter Aufsicht eines Supervisors. Die in der Ausbildung befindliche Fachkraft kann so die Behandlungsmethoden, die er später in der Praxis am Patienten anwenden wird, am eigenen Leib erfahren und so spüren, welche emotionalen und körperlichen Gefühle oder Probleme damit verbunden sind. In der Rolle des Klienten kann er hier auch erleben, wie sich eine Beziehung zum Therapeuten anfühlt und entwickelt. Diese Art der Lernanalyse lässt den angehenden Therapeuten eine engere Verbindung zu und klarere Vorstellung von den angewandten Methoden aufbauen.

Selbstinstruktionstraining

Selbstinstruktionstraining ist eine Therapiemethode, die im Rahmen der Verhaltenstherapie Anwendung findet. Ziel ist, mit Hilfe des „Inneren Sprechens“ eine bessere Selbststrukturierung zu erlernen und damit Aufgaben im und Anforderungen des Alltags leichter und erfolgreicher bewältigen zu können. Dafür wird dem Patienten beigebracht, Problemstellungen und daraus hervorgehende Aufgaben innerlich zu verbalisieren, um sich damit alle Herausforderungen klarer und strukturierter vor Augen führen zu können. Aufmerksamkeit wird besser fokussiert, selbstständiges Arbeiten erleichtert und somit positive Ergebnisse verstärkt.

Sensomotorik

Als Sensomotorik (auch Sensumotorik) bezeichnet man das Zusammenspiel von Sinnen wie Hören, Sehen, Riechen und Fühlen und dem Bewegungsapparat, der sich aus Muskeln und dem Skelett zusammensetzt. Die Wahrnehmung von Reizen durch Sinnesorgane und das körperliche Bewegungsverhalten stehen in direktem Zusammenhang und beeinflussen einander ständig. So steuern etwa Auge, Ohr, Berührung und das Tastempfinden die Bewegungen von Kopf, Füßen, Armen und Gliedmaßen im Allgemeinen. Das Erlernen und der Wiederaufbau von gestörten sensomotorischen Funktionen ist Gegenstand der Ergotherapie und der Physiotherapie. Das Konzept der Sensomotorik dient so der Verbesserung und Schulung von Bewegungsabläufen sowie der Prävention und Therapie von Verletzungen (Störungen) des Bewegungsapparates und der Sinneswahrnehmung.

Die Entwicklung der frühen sensomotorischen Leistungen im Kindesalter wurde von Jean Piaget, einem Schweizer Biologen und Pionier in der kognitiven Entwicklungspsychologie, intensiv erforscht. Für das Erreichen von hochqualifizierten Bewegungen (Zirkus, Leistungssport etc.) ist es günstig, das jeweils optimale Lernalter (Window of Opportunity) zu nutzen.

Sozialisation

Bezeichnung für die Gesamtheit aller Vorgänge, in deren Verlauf der Einzelmensch zu einem aktiven Angehörigen einer Gesellschaft und Kultur wird. Durch Prozesse der Sozialisation gewinnt das Individuum seine Identität als eine Gesellschaft handlungsfähige Persönlichkeit. Sozialisation ist zugleich a) “Vergesellschaftung” des Menschen im Sinne der Übernahme un Internalisierung (“Verinnerlichung”) von soziokulturellen Werten, Verhaltenserwartungen und sozialen Rollen als auch b) Personalisation des Menschen im Sinne von “Besonderung” seiner individuell bestimmten Auseinandersetzung mit den Angeboten und Einflüssen seiner Gesellschaft. 

 

Sozialverhalten

Als Sozialverhalten wird das aktive und reaktive Wechselverhalten zwischen Menschen bezeichnet. Es bezeichnet sowohl friedliches, kooperatives als auch agonistisches, also feindseliges, Verhalten mit oder gegenüber anderen. Dieses Verhalten im sozialen Gefüge drückt sich durch sprachlichen Ausdruck, Blickkontakt, Verhandlungen und Auseinandersetzungen sowie die Körpersprache aus und kann an diesen abgelesen werden. Dazu muss Sozialverhalten schon von Anfang an von Säuglingen aus dem Kontakt mit Eltern und Familie erlernt werden. Dieser Prozess endet eigentlich nie, da neue Situationen ständig neue Verhaltensweise hervorbringen und erfordern. Mangelt es dem heranwachsenden Säugling an Zuwendung und Sozialkontakt, kann es im weiteren Leben zu von der sozialen Norm abweichenden Verhaltensweisen führen. Weiterhin besteht häufig Komorbidität mit der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung.

Sprachentwicklung

Die Sprachentwicklung und der Spracherwerb sind individuelle Prozesse, die sich in der frühkindlichen Entwicklung des Menschen ereignen. Sie sind eng an die physische und psychische Entwicklung des Individuums gebunden und können in verschiedene Phasen eingeteilt werden. Häufig lassen sich auch allgemeine Entwicklungsstörungen oder –verzögerungen sowie Lern- oder geistige Behinderungen, Sprachentwicklungsstörungen und Autismus an einer verzögerten Sprachentwicklung erkennen.

Sprachentwicklungsstörung

Eine Sprachentwicklungsstörung ist eine Entwicklungsstörung der Sprache, die nicht durch die allgemeine Intelligenz des betroffenen Menschen, seine unzureichende Förderung oder körperliche oder psychische Faktoren erklärt werden kann. Es wird dabei zwischen zwei Arten der Sprachentwicklungsstörung unterschieden: den expressiven Störungen sowie den rezeptiven Störungen. Bei einer expressiven Störung der Sprachentwicklung liegen beim Betroffenen ein eingeschränkter Wortschatz, Probleme bei der Wortfindung sowie sprachlich-grammatische Fehler im verbalen Ausdruck vor. Rezeptive Störungen dagegen betreffen das Sprachverständnis des tatsächlich Gesprochenen und seiner Grammatik und Sprachmelodie, besonders, wenn die gesprochenen Inhalte unbekannt oder ungewohnt formuliert sind. Mögliche Ursachen für Sprachentwicklungsstörungen sind dabei genetische und neurologische Faktoren, beispielsweise durch eine frühkindliche Hirnschädigung, organische Faktoren wie etwa Hörstörungen, psychische Faktoren wie die Trennung der Eltern oder eine ausgeprägte Rivalität zwischen Geschwistern, soziokulturelle und umweltbedingte Faktoren. Ein wichtiges Warnsignal, dass eine Sprachentwicklungsstörung vorliegen könnte, ist die fehlende Sprachproduktion oder fehlendes Sprachverständnis ohne Gestik ab einem Alter von zwei Jahren.