Lexikon der Verhaltenstherapie
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Eine Therapie dient der Behandlung von Krankheiten, Behinderungen, und Verletzungen mit dem Ziel, Symptome der Erkrankung zu beseitigen, Schmerzen zu lindern, eine Heilung zu ermöglichen oder zu beschleunigen und somit die körperlichen oder psychischen Funktionen, die vor der Krankheit vorhanden waren, wieder herzustellen. Therapien werden durch Therapeuten durchgeführt und unterscheiden sich je nach der vom Arzt gestellten Diagnose. Deswegen wird zwischen vielen verschiedenen Formen der Therapie unterscheiden. Zunächst wird eine grobe Einteilung in die allgemeine, unspezifische Therapie, die am Gesamtzustand des Patienten orientiert wird, oder die spezielle, spezifische Therapie, bei der sich auf konkrete Details der Krankheit fokussiert wird, vorgenommen. Danach wird weiterhin zwischen kurativer (die Heilung ist das Ziel), pallativer (das Ziel ist die Linderung der Symptome), kausaler (auf die Krankheitsursache gerichtet), symptomatischer (Linderung der Beschwerden ohne Behandlung der Ursache), adaptiver (ans Ziel angepasste), präventiver (Ziel ist die Vorbeugung weiterer Erkrankungen) und supportiver (unterstützender) Therapie unterschieden. Weiterhin kann eine Therapie konservativ (mit Hilfe von Medikamenten), operativ und chirurgisch (operative Eingriffe vorsehend), kalkuliert (Therapie auf Verdacht), elektiv (nicht von einer akuten Erkrankung abhängig), frustran (vergeblich) oder prophylaktisch (Vorbeugung möglicher Krankheitsursachen) sein. Auch von akuten, aggressiven, abwartenden, invasiven oder nicht-invasiven Therapien wird gesprochen. Je nach Dauer einer Therapie wird von Kurzzeittherapie, Langzeittherapie oder Dauertherapie gesprochen. Diese können als Einzeltherapie, Paartherapie oder Gruppentherapie stattfinden. Wichtige Formen der Therapie sind die Psychotherapie, die medikamentöse Therapie, physikalische Therapie, manuelle Therapie, diätische Therapie und Kunsttherapie. Spricht ein Patient wenig oder gar nicht auf die vorgesehene Behandlung an, wird von einer Therapieresistenz gesprochen.
Ein Token-System (engl. „token“ = Münze) ist eine Therapiemethode aus der Verhaltenstherapie, die auf das Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern, also das „Lernen am Erfolg/durch Belohnung“, setzt. Es handelt sich dabei um eine Form der Konditionierung. Hierbei werden dem Betroffenen jedes Mal, wenn er ein erwünschtes Verhalten an den Tag legt, Belohnungsmarken (Sticker, Murmeln, Punkte) verliehen, die er später gegen vorher festgelegte Tauschgüter (Gegenstände, Aktivitäten) einlösen kann. Hier wird vor allem vom Prinzip der positiven Verstärkung Gebrauch gemacht. Token-Systeme werden unter anderem bei der Behandlung von verhaltensauffälligen Personen aber auch für die Raucherentwöhnung und Suchtbehandlung genutzt.
Die transgenerationale oder generationenübergreifende Weitergabe von Traumata bezeichnet eine Form der Traumaübertragung, die unbewusst von der Eltern- oder Großelterngeneration ausgehend ihre Nachfolgegenerationen beeinflusst. Diese Tradierung (Weitergabe) geschieht häufig durch Introjektion; das bedeutet, dass das heranwachsende Kind Meinungen und Vorstellungen seiner Bindungspersonen unterbewusst aufnimmt und verinnerlicht. Traumatische Kindheitserfahrungen der Mutter führen zu verminderter mütterlicher Sensitivität und einer weniger empathischen Erziehung. Die Bindung zum Kind wird gestört ausgebildet. Ferner können von den Eltern erlebte und erlernte Verhaltensweisen wie Missbrauch und Vernachlässigung beim eigenen Kind wiederholt werden. So entsteht ein Teufelskreis, in dem Traumata über mehrere Generationen weitergegeben und verstärkt werden können.
Unter einem Trauma (Pl. Traumata) versteht man in der Psychologie eine psychische, mentale oder seelische Verwundung und deren Folgen. Auslöser dieser seelischen Verletzung sind in der Regel Situationen, die beim Betroffenen intensives Stress– oder Angstempfinden sowie Gefühle der Hilflosigkeit entstehen lassen. Dazu gehören zum Beispiel Naturkatastrophen, Kriegserlebnisse, Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe oder Unfälle. Die durch die Traumasituation hervorgerufenen inneren Spannungen können bei einer Mehrzahl der Betroffenen von alleine wieder abklingen, führen in vereinzelten Fällen aber auch zu langfristigen psychischen Symptomen. Bei rund einem Drittel aller Traumapatienten kommt es so zusätzlich zu der Ausbildung psychischer Krankheitsbilder wie etwa einer posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Das Risiko und die Schwere einer möglichen Traumafolgestörung hängen dabei von verschiedenen Faktoren ab und können durch Alter und Herkunft des Betroffenen, der subjektiven Wahrnehmung des Geschehenen oder Schweregrad und Dauer des Traumereignisses beeinflusst werden.
Die Integration eines Traumas in die Lebensgeschichte eines Betroffenen stellt eine wichtige Bewältigungsmethode von Langzeitschäden bei Traumapatienten dar. Eine behutsame Einführung und Miteinbezug des Traumas in die Lebensnarrative des Patienten soll dabei das Ziel sein. So soll Akzeptanz, Überwindung und damit Wachstum ermöglicht werden. Zu den Anzeichen einer erfolgreichen Integration des Traumas in das Alltagsleben des Betroffenen gehören eine angemessene Gefühlsbeteiligung beim Erzählen von den Ereignissen, die Fähigkeit, dem Geschehenen einen Platz in der Vergangenheit und einen Sinn geben können, die Fähigkeit, sich nicht mehr von den Vorfällen kontrollieren zu lassen sondern frei wählen zu können, wie man reagiert, und zuletzt die Möglichkeit, bei Erinnerungen nicht zu dissoziieren und sich von Gefühlen leiten zu lassen, sondern Emotionen im angemessenen Rahmen der Toleranz (Toleranzfenster) zu empfinden.