Lexikon der Verhaltenstherapie

Verhaltensauffälligkeiten, -probleme

Mit dem Sammelbegriff „Verhaltensauffälligkeiten“ bezeichnet man unspezifische, von der Gesellschaftsnorm differenzierende Abweichungen im Sozialverhalten eines Menschen. Verhaltensauffälligkeiten spielen insbesondere in der Erziehungswissenschaft, der Psychologie und der Heilpädagogik eine große Rolle. Um der starken, von diesem Begriff ausgehenden Stigmatisierung auszuweichen wird häufig auch über Problemverhalten oder herausforderndes Verhalten gesprochen. Eine genaue Definition dazu, welche Verhaltensweisen als auffällig oder problematisch gelten, ist schwierig einzugrenzen, da die Übergänge zum Bereich des Normalverhaltens fließend sind. Als auffällig gelten vor allem jene Verhaltensweisen, die das soziale Umfeld des Betroffenen langfristig belasten und verunsichern, in ihrer Auswahl und Intensität unangebracht erscheinen und das Entwicklungsvermögen des Handelnden nachhaltig beeinträchtigen, anstatt dieses zu fördern. Als mögliche Ursachen werden vermehrt traumatische Erlebnisse (Missbrauch, Misshandlung, Verlust), fehlerhafte Erziehung, soziale Verwahrlosung oder hirnorganische Störungen genannt.

Verhaltenstherapie

Als Verhaltenstherapie (VT) wird im Fachgebiet der Psychotherapie das Spektrum jener Behandlungsmethoden bezeichnet, die die klassische Konditionierung als zentrales Modell für alle Abläufe der menschlichen Psyche ansehen. Sie zielen stark darauf ab, dem Patienten Strategien zu lehren, die ihm „Hilfe zur Selbsthilfe“ leisten können. So soll es dem Patienten ermöglicht werden, nach der Einsicht und Analyse seiner Probleme die Ursachen seines Leidens zu erkennen und diese mit verschiedenen Strategien selbst überwinden zu können. Die eigenständige und erfolgreiche Selbstregulation ist Ziel der Behandlung. Das verhaltenstherapeutische Vorgehen unterliegt keiner Standardvariante, sondern aus gegenwärtig mehr als 50 verschiedenen Einzelverfahren, die fallabhängig vom zuständigen Therapeuten für den jeweiligen Patienten ausgewählt werden. Dazu beginnt die Behandlung oft mit einer Verhaltens- und Problemanalyse, aus der Zusammenhänge im Reiz-Reaktions-Wechselspiel sowie Gefühle, Gedanken und körperliche Prozesse des Patienten identifiziert und auf ihre Konsequenzen hin analysiert werden sollen. Aus dieser Problemanalyse wir dann gemeinsam mit dem Patienten ein Therapievertrag erstellt, der Ablauf und Ziel der Therapie festhält. Die Verhaltenstherapie kann für ein weites Feld der psychischen und psychosomatischen Erkrankungen eingesetzt werden und wird unter anderem zur Behandlung von Abhängigkeiten, DepressionAngst-, Ess-, oder Persönlichkeitsstörungen und sogar Bluthochdruck eingesetzt. Dafür kann sie situationsabhängig einfach und wirksam als Einzel-, Paar-, Familien- oder Gruppentherapie konzipiert werden.